Köln als Festungsstadt: Römer - Mittelalter - Preußen
Städte sind ja in früheren Zeiten oft klar durch ihre befestigten Stadtmauern zum Umland abgegrenzt gewesen. Die Stadt Köln mit ihrer über 2000jährigen Geschichte hat davon auch einige. Es begann mit dem römischen Castel Divita, wuchs über ein Jahrtausend zur mächtigsten Stadtmauer nördlich der Alpen an und endete 1918 mit der größeren Festung Preußens - heute noch als Kölner Festungsring bekannt.
Dieser kam in seiner ursprünglichen Form dann zum Glück gar nicht erst "zum Einsatz". Im ersten Weltkrieg wurde Köln nicht angegriffen. Dann wurde Deutschland nach 1918 im Vertrag von Versailles zur Entfestigung (=Sprengung) der meisten Festungsbauten gezwungen.
Im zweiten Weltkrieg wurden die Restbauten zwar wieder militärisch genutzt, aber beim Luftkampf über Köln waren die klassischen Festungen nicht mehr das strategisch entscheidende Element. Erst nach dem Krieg waren die massiven, relativ unversehrten Bauten dann wieder als Notunterkünfte von Relevanz.
Flankierungsbatterie Hochkirchen |
Am Tag der Forts 2019 nahm ich an einer Führung in dem Stadtbezirk Rodenkirchen, in dem ich auch wohne, teil. Es war eine Wanderung durch die "Rodenkirchener Vorfront". Diese umfasste viele Zwischenfeldbauten der großen Forts. Diese wurden zwar gesprengt, aber sind wegen der Langlebigkeit des zum Bau eingesetzten Betons noch auffindbar.
Die Führung wurde kundig von Andreas Altena durchgeführt, der sich ehrenamtlich für das Kölner Festungsmuseum und auch das Festungsforschungsinstitut CRIFA engagiert.
Forstbotanischer Garten
Der erste Punkt lag mitten im Forstbotanischen Garten. Die meisten Besucherinnen und Besucher kennen diesen Ort als Heimat der Pfauen und einer beeindruckenden Pflanzenwelt.
Als Ingress- und Pokemon-Spieler habe ich den schon oft durchstriffen. Jedoch erst jetzt wurde mir aufgezeigt, das die Form der Rhododrendronschlucht nicht zufällig vom restlichen Muster im Park abweicht.
Unten links vom roten Punkt findet sich die Rhododrendron-Schlucht aus |
Auf dem Bodenradar erkennt man dann die Strukturen unter der Erde |
Aufnahme vom Infanterie-Stützpunkt "Hermannshof" - rekoloriertes Foto |
Nach der Sprengung |
Die Steinbrocken links im Bild sind Teile der Festungsmauern |
Auch dieser eckige Stein beim Holzkrokodil ist kein Findling, sondern ein Überbleibsel der Zwischenbauten |
Der Begriff Hermann wird auch den Spielern von Niantic Spielen etwas sagen. Nicht umsonst gibt es den "Hase Hermann" als Point of Interst im Spiel.
Vorfeld-Streiche Hermannshof
Deutlich versteckter in Richtung Friedenswald, etwas abseits eines Forstweges, sind die Reste einer Vorfeld-Streiche zu finden. Dies war ein Kampfraum mit Gewehr und Maschinengewehr zur Abwehr von Fußtruppen. Nur ein paar kleine, blanke Betonreste erklären, warum sich an dieser Stelle ein kleiner Hügel über den Waldboden erhebt. Den Rest hat die Natur überwuchert.
Wachtraum Hochkirchen
Nach Überquerung der Friedrich-Ebert-Straße in Richtung Autobahn A4 tauchten im Wald die Reste eines Infanterie-Wachtraums und eines weiteren Bauwerks auf.Hier sucht Andreas Altena die historischen Aufnahmen der nun nur noch in Ruinen vorliegenden Festungsbauten heraus |
Schon damals waren die Beton-Wachträume sicher nicht besonders gemütlich. Jetzt erst recht nicht. |
Bewahren oder Begraben?
In einem Nebensatz erwähnte er auch die Flakstellung Rondorf im Süden des Friedenswaldes. Das erregte natürlich meine Aufmerksamkeit. Sowohl als neugieriger Erforscher wie auch als Ingress Agent. Wie die oben erwähnten Zwischenfeldbauten reichte ich auch diese als Portalvorschlag für Ingress, PokemonGo bzw. Harry Potter Wizards United ein. Die anderen Bauten wurden abgelehnt. Aber die der Flakstellung Rondorf angenommen. Dazu gibt es einen eigenen Blogpost in meinem Ingress-Blog.
Es gibt in der historisch-denkmalschützerischen Gemeinschaft unterschiedliche Strömungen, was die Offenheit mit den Orten und ihrer Dokumentation im Bild angeht.
Eine Seite möchte nicht zuviel Informationen verteilen, um Vandalismus vorzubeugen. Den gibt es an verlassenen Orten zweifelsohne.
Jedoch gibt es den auch schon bei viel jüngeren "lost places" und dank Internet verbreiten sich die Infos über die Stellen innerhalb der Communities wie Urbex (Urban Exploration) ziemlich schnell. Daher neige ich eher der anderen Strömung zu, die diese historischen Orte der Öffentlichkeit präsentieren möchte. Dies würde die Erhaltung deutlich mehr fördern als das Verstecken.
Flankierungs-Batterie Hochkirchen
Letzter Punkt war die weiter nördlich gelegene Flankierungsbatterie Hochkirchen. Sie war ein Stützpunkt für leichte Artillerie, die die lokale Verteidigung zwischen den Forts mit ihrer schweren Fernwirk-Artillerie verstärkten sollte.
Die Bruchstellen vermitteln einen guten Eindruck, wie massiv die Strukturen vor den Angriffen anrückender Truppen geschützt waren. Nur wurden sie halt nie angegriffen. |
Mit dem provisorischen Vordach, das sich dort jemand gebaut hat, ist hier die Struktur noch mit am besten erkennbar. |
Eine tolle Karte und Übersicht über weitere Aspekte des Festungsrings findet sich auch auf der Website des Luftfahrtarchiv Köln.
Die Lehren für die Zukunft
Meiner Meinung nach ist es wichtig, das Wissen um die Kosten frührerer Konflikte in Form von Menschenleben, aber auch einfach dem Verwendungszweck von Gemeinschaftskapital innerhalb einer Gesellschaft lebendig zu erhalten. Das Aufsuchen solcher Orte lehrt viel eindrucksvoller als irgendwelche Lehrbücher, wie wertvoll die friedliche Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn ist.
Wir haben mittlerweile über 70 Jahre Frieden auf deutschem Boden geschaffen. Das hat es in den vorherigen 2000 Jahren römisch-christlich geprägter Geschichte noch nie so lange gegeben.
Wer die Orte der Vergangenheit, eines militaristischen Preußens und oder des menscheverachtenden Nazi-Regimes am Leben erhält, hält auch die Erinnerung an diese Zeiten am Leben. So ermöglicht man kommenden Generationen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und diese zu vermeiden.
Angesichts der zunehmenden Erfolge rechter Parteien halte ich es für zunehmend wichtig, dafür zu werben, dass wir unsere Steuergelder nicht für Abschottung, Aufrüstung und Ausgrenzung verwenden sollten, sondern eher für Kindergärten, Schulen, Universitäten, Museen und andere Orte der Bildung.
Es stimmt mich hoffungsvoll, dass diese Orte der ehemaligen Konflikte ausgerechnet an einem Ort zu finden sind, den wir heute Friedenswald nennen. In ihm stehen diverse Bäume aus Nationen, zu denen die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält.
So wie die Bäume friedlich nebeneinander stehend ein gemeinsames Ökosystem bilden und in ihrer Vielfalt eine bunte Schönheit entfalten, können wir einiges von diesem stummen Zeugen lernen, oder?
Ob wir unserer nächsten Generation diesen Wald und diese Welt als einen Ort des Friedens bewahren können? Schaffen wir 100 Jahre Frieden? 200? mehr? |
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