Donnerstag, 4. Juli 2013

Ed Snowden - Ein Held gegen die Stasi-Freier der ganzen Welt


"Proditionem amo, sed proditores non laudo [Den Verrat liebe ich, aber die Verräter lobe ich nicht]"
 Staatsmann und Feldherr Gaius Iulius Caesar (60 v.Chr.)

Heute ist der 4. Juli - Tag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.
Passend dazu wird es in diesem Blogpost politisch:
  • PRISM ist nur nebenher Terrorabwehr, aber vor allem Wirtschaftsspionage
  • Warum sich unsere Bundesregierung so leicht erpressen lässt 
  • NSA und GCHQ haben die größte Kinderpornosammlung der Welt
  • Ed Snowden sollte Asyl im Vatikan und den Friedensnobelpreis bekommen

PRISM ist nur nebenher Terrorabwehr, aber vor allem Wirtschaftsspionage


Im Blog der QSC AG erschien letztens neben den üblichen Technikbeiträgen ein richtig guter Beitrag vom Kollegen Dennis Knake unter dem Titel "Geheimdienste außer Kontrolle" zum aktuellen Thema der Datenschnüffelei durch die Geheimdienste der USA und von Großbritannien.  In diesem persönlichen Beitrag führt er aus, dass Hauptzweck der Spionagetätigkeit nicht Terrorabwehr, sondern knallhartes Ausspähen von Wirtschaftsgeheimnissen anderer Staaten ist. Daher gibt er zurecht Tipps, wie man sich über Software wie PGP für E-Mails oder BoxCryptor für Cloudspeicher absichern kann. So erklärt sich auch, warum der deutsche Hersteller der Software BoyCryptor staatliche Fördergelder vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten hat. Das sind indirekte Investionen in die Spionageabwehr.
Quelle:
http://www.facebook.com/mirgefaelltdasnicht


Unser BND ist hier zum Glück laut WDR2-Recherchen technisch noch um einiges rückschrittlicher (MP3-Audio-File).


Das klingt ja schonmal gut. Aber warum  mussten wir jüngstens lesen, dass die Bundesregierung von Angela Merkel die Asylanfrage des größten Anti-Spionage-Helden unserer Zeit, den ehemaligen NSA-Zuarbeiter Edward Snowden brüsk abgelehnt hat?




Warum sich unsere Bundesregierung so leicht erpressen lässt

Unsere Bundesregierung steht mit ihrem Nein zum Snowden-Asyl nicht allein. Auch die meisten anderen Regierungen außer der von Ecuador haben die Asylanfrage abgelehnt. Woher kommt die Einhelligkeit? 

Meine Theorie ist: Sie reagieren wie Freier bei Gewalt gegen Cracknutten vom Straßenstrich. Der Codex der Verschwiegenheit wird in der verschorenen Bruderschaft der Sünde höher geachtet als das Recht der Betroffenen, denen Freiheitsrechte geraubt werden. Deshalb wird der Überbringer der schlechten Nachricht verfolgt oder niemand öffnet ihm die Tür. Ein Szenario, das auch die Verfolgten im Dritten Reich sehr oft erlebt haben. Zum Glück gab es damals große und kleine Helden, die nicht gegenüber der Reichsregierung Kadavergehorsam gezeigt haben und akzeptiert haben, dass rechtlich leider keine Grundlage für Asyl gesehen wurde.

Foto: Dennis Knake, Quelle: http://goo.gl/RzN1U
Wie stellt man doppelt sicher, dass die Regel "What happens in Vegas, stays in Vegas" auch durchgehalten wird? Klassische Erpressung. Alle Geheimdienste haben Beweise über die Missetaten der anderen und drohen mit Offenlegung im Falle offener Gegenspionage-Maßnahmen.

Deshalb glaube ich der Bundesregierung auch nicht, dass sie keine andere Möglichkeit als die Ablehnung der Asylanfrage hatte.

Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe. 

Der ehemalige SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte noch genug Eier in der Hose, den Einstieg Deutschland in den Irak-Krieg zu verweigern. Wie die Geschichte gezeigt hat, wurde dieser Krieg mit gefälschten Geheimdienstberichten über angebliche Massenvernichtungswaffen begründet und wer heute in den Irak schaut, sieht immer noch keinen wirklich guten Ort zum Leben. Dafür bekam Schröder nicht nur Zustimmung aus den eigenen Reihen, sondern auch aus der CDU von Politikern wie Ursula von der Leyen oder Philipp Mißfelder.

Helmut Kohl hatte damals im Wendejahr 1989 nicht die DDR-Bürger aus den Botschaften in Warschau, Prag und Budapest wieder heimgeschickt und sich darauf berufen, dass ein gültiger Asylantrag auf dem Boden der BRD zu stellen sei.

Herkunft: ElectronicFrontierFoundation,
http://www.flickr.com/photos/hughelectronic/2261228251/
Soviel Rückgrat hätte ich mir auch von Angela Merkel in 2013 gewünscht.

Im Forum von Spiegel Online schrieb einer einen Satz, den man so in der Art immer wieder hört: 

"Meine Mails und Telefonate kann mithören wer will (ich habe ja nichts zu verbergen)"

Das ist falsch! Es darf eben nicht beliebig mitgehört werden. Denn das verbietet aus gutem Grunde Artikel 10 des Grundgesetz mit dem Grundrecht auf Wahrung  des Brief- und Fernmeldegeheimnisses.

Natürlich haben Sicherheitsapparate immer große Begehrlichkeiten in Bezug auf private Daten. Der Wunsch nach maximaler Kontrolle ist in ihrer institutionellen DNA angelegt. Aber darf immer alles gemacht werden, was technisch oder organisatorisch machbar ist?

Nein! Sowohl beim Staat wie auch in der Privatwirtschaft gibt es aus gutem Grund Grenzen. In Unternehmen nennt sich das Compliance. Dahinter stehen Anti-Korruptionsregelungen, die Bespitzeln oder Bestechen verbieten. Das machen sie natürlich nicht nur aus reinem Gutmenschentum. Warum halten die großen deutschen Firmen die selbst auferlegten Anti-Korruptionsregeln ein und verzichten dabei auf schnelle Gewinne in korruptionsverseuchten Ländern?

Wer sich erst einmal erpressbar gemacht hat, hat keine Garantie, dass der Erpresser nicht morgen wieder mit der gleichen Masche Geld fordert. Das Übel der Korruption ein Sumpf ist und auf lange Sicht viel unwirtschaftlicher ist als kurz- und mittelfristige Gewinneinbußen.

So eine freiwillige Selbstbegrenzung, die nicht nur ethisch "gut" sondern auch wirtschaftlich rational ist, lässt sich auch auf Staaten anwenden.

NSA und GCHQ haben die größte Kinderpornosammlung der Welt 

Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.
Benjamin Franklin


Prisma in schön, Quelle:
http://www.flickr.com/photos/buttersweet/2125069597/
Diesen Satz von einem der Gründervater der Vereinigten Staaten von Amerika sollte man sich immer wieder anschauen. Die dahinter stehenden Rechte sind hart erkämpft und wichtig für eine freiheitliche Demokratie.


Aus den USA kommt jedoch nicht nur der kluge Satz von Franklin,  das schreckliche PRISM-Programm, sondern auch das Vorbild, wie man Rechtsbrechern indirekt habhaft wird. Mafiaboss Al Capone wurde nicht für Mord, Erpressung, Raub oder Menschenhandel eingesperrt. Nein - die Steuerhinterziehung war es.

Steuern werden von der NSA oder dem GCHQ nicht hinterzogen, höchstens verschwendet. Aber was bedeutet es denn, wenn sie den gesamten transatlantischen/globalen Internetverkehr für 30 Tage komplett speichern? Damit haben die beiden Organisationen die größte Kinderpornosammlung der Welt auf ihren Festplatten.

Wie ist es zu bewerten, wenn man entsprechendes Material auf Festplatten lagert und es nicht unverzüglich den Strafermittlungsbehörden meldet? Dem von mir fachlich sehr geschätzten ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss hatte das gleiche Vergehen eine Freiheitsstrafe von über einem Jahr und drei Monaten eingebracht.

Wieviel werden NSA und GCHQ aufgebrummt bekommen? Natürlich weiß ich, dass sie nichts bekommen werden. Sie lagern ja nicht nur die Pornos auf ihren Platten, sondern auch genug Erpressungsmaterial gegen unsere Bundesregierung. Vielleicht wird es jedoch gar nicht das BKA, sondern die GEMA sein, die durch ihre Forderungen auf Abgaben auf die Musikstücke in Tempora und Prism-Telefonmitschnitten dem Abhörprogramm den großen Kollateralschaden beibringt.

Dennoch gilt: Wo Intransparenz gefördert wird, nutzt sie in der Regel nur Unterdrückung sowie Kontrolle und schadet Demokratie, Freiheit und Gemeinwohl. Dagegen hilft nur zivilgesellschaftliche Aufklärung und Einsetzen für mehr Transparenz:

I don't mind if the government watches me as long as I can watch the government back.
Andrew Rasiej auf der re:publica13

Transparenz darf sich allerdings nicht darauf beschränken, dass man das U-Boot für den Lauschangriff auf die Untersee-Kabel von U.S.S. Jimmy Carter historisch korrekt in U.S.S. Richard Nixon umbenennt. Aber es wäre ein Anfang.

Ed Snowden sollte Asyl im Vatikan und den Friedensnobelpreis bekommen

US-Präsient Barack Obama erhielt den Friedensnobelpreis für die Ankündigung, dass er vielleicht, eventuell mal das Atombombenarsenal der Welt reduzieren will. Ed Snowden deckt milliardenfache Verstöße gegen ein elementares Grundrecht durch westliche Regierungen auf und wird vom Friedensnobelpreisträger zur persona non grata in der nördlichen Hemisphäre erklärt.

Snowdens Enthüllungen schützen potentiell Milliarden von Menschen vor dem Krieg um unsere privatesten Gedanken und Millionen vor Firmen vor Diebstahl ihrer Geschäftsgeheimnisse - wenn sie denn die Konsequenzen ziehen. Es muss mehr privat für ihren Datenschutz getan und sich gesellschaftlich mehr für härtere Maßnahmen gegen Datenklau eingesetzt werden. Eine Weltgemeinschaft, die weniger Angst voreinander hat als vorher, ist auch friedfertiger. Ed Snowden verdient in meinen Augen für seine Tat den Friedensnobelpreis und nicht den Steckbrief, den Obama in Anlehnung an Julius Cäsar für ihn hat ausstellen lassen.
Wer hätte je gedacht, dass die ganze Welt mit einem Staatsfeind sympathisiert, der vor einem Friedensnobelpreisträger fliehen muss?
Ali Utlu, Menschenrechtsaktivist und ehemaliger QSC-Kollege

Ed Snowden glaubte an die Prinzipien der US-Verfassung und war bereit, sich dafür mit der zweitmächtigsten Institution der Erde anzulegen, der US-Regierung. Damit bleibt ihm eigentlich nur noch ein natürlicher Verbündeter. Derjenige, der sich gerade von oben mit der mächtigsten Institution der Erde anlegt: Papst Franziskus. Einer, der zum Entsetzen der römischen Kardinäle überraschenderweise wirklich glaubt, was er da von Bescheidenheit und Nächstenliebe predigt.

Wer hier jedoch vom neuen Papst großes erwartet, dürfte enttäuscht werden.  Selbst die größte Kirche der Welt ist zu klein für zwei Personen, die so doof sind, an das eigene Gerede über Transparenz und Offenheit wirklich zu glauben.

Zufluchtsort für Snowden?
Bildquelle: http://www.flickr.com/photos/gmacorig/240716807/

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen