Freitag, 25. Juli 2025

ROT UND WOLF

🌺 ROT UND WOLF

Ein postmodernes Märchendrama über Rollen, Regeln und die Freiheit, sich selbst neu zu erzählen



„Vielleicht sind wir keine Figuren in einem Märchen. Vielleicht ist das Märchen die Figur in uns.“



 

🎭 Dramaturgie & Aufbau

Story-Arc: Descent → Reflection → Decision (verweigert sich – aber lässt die Tür offen)

Leitmotive: Kant | Costa Rica | KI | Friedensdividende | Rollenmüdigkeit | Märchendekonstruktion

🌲 AKT I: DAS WORT IM WALD

Die Welt wirkt vertraut – aber etwas stimmt nicht.

„Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, neue Landschaften zu suchen, sondern neue Augen zu haben.“ – Marcel Proust

INT. WALD – TAG
Ein dichter, märchenhaft grüner Wald. Feuchter Boden. Baumriesen. Es riecht nach Erde und Geschichten. Nur manchmal blitzt in der Rinde ein feiner QR-Code – wie ein Stempel der Wiederholung.

WOLF (blickt direkt in die Kamera)
Ich bin nicht böse. Ich bin nur eine Rolle.
Ein Textbaustein mit Zähnen.
Ich war nie der Jäger. Ich war nie das Monster. Ich war der, der mit niemandem sprechen durfte.

Plötzlich ein Knacken. Schritte im Laub. ROTKÄPPCHEN tritt auf. Modern, selbstbewusst, digital angebunden. Sie trägt Sneakers, einen roten Hoodie und ein Smartphone in der Hand. Ihr Blick ist aufmerksam, aber nicht naiv.

ROTKÄPPCHEN
Yo. Alles klar bei dir? Du guckst bisschen… existentialistisch.

WOLF
Ich frage mich nur, wohin du gehst.

ROTKÄPPCHEN (blinzelt, dann grinst)
Bro. Du weißt, dass du hier gleich die Oma spielst, oder? Und ich dann den moralischen Bait. Und am Ende: Bauch auf, Moral raus. Märchen safe.

WOLF
Muss es so sein? Wir könnten was anderes machen. Eine andere Geschichte erzählen. Ohne Angst, ohne Heldentum. Nur mit Neugier.

ROTKÄPPCHEN
Ich wär ja dabei. Real talk. Aber ich hab Vertrag.
Wenn ich zu viel vom Skript abweiche, gibt’s Bildschirmzeitverbot.
Letzte Woche hab ich bei Hänsel und Gretel improvisiert – zack, drei Tage TikTok-Pause. Und kein WLAN im Hexenwald.

WOLF
Klingt hart.

ROTKÄPPCHEN
Ist es. Außerdem: Ich hab noch Punkte offen in der App von der Märchenverwertungsgesellschaft. Wenn ich diesen Run gut performe, krieg ich ein NFT mit Eichenlaub und Fairytale-Badge.

WOLF (lächelt melancholisch)
Und wenn du einfach stehen bleibst?

ROTKÄPPCHEN (wird kurz still)
Dann… sind alle anderen enttäuscht. Die Oma. Der Jäger. Die Moralpolizei.
Weißt du, ich mag dich. Du bist irgendwie… real. Aber wenn ich rausgehe aus der Geschichte, dann fall ich.
Und ohne Netz fängt mich hier keiner.

Ein Moment Stille. Dann zieht sie die Kapuze über den Kopf, lächelt weich.

ROTKÄPPCHEN
Ich geh jetzt weiter. Aber danke, Wolf. War ein gutes Gespräch. Wenn wir uns in der nächsten Version treffen – maybe we break it all.

Sie geht. Der Wald wird still. Der Wolf bleibt zurück.

🧶 AKT II: DIE PHILOSOPHIE DES BAUCHS

Zweifel am Skript. Ein Funke Hoffnung.

INT. GROSSMUTTERS HÜTTE – SPÄTER NACHMITTAG
Die Sonne steht tief. Licht fällt durch Fensterläden auf ein Zimmer, das nach Kardamom, Zitronenmelisse und Geschichten riecht. Die GROSSMUTTER sitzt im Schaukelstuhl, barfuß. Ihre Brille liegt im Buch „Postkoloniale Heldenreise“.

WOLF
Ich hab mit dem Mädchen gesprochen. Sie ist klüger, als sie darf.

GROSSMUTTER
Sie wissen es alle. Aber sie trauen sich nicht raus.

WOLF
Ich auch nicht. Aber ich… überlege.

GROSSMUTTER
Ich denke oft an Costa Rica.

WOLF
Was meinst du?

GROSSMUTTER
Ein Land ohne Armee.
1948 haben sie sie abgeschafft.
Kein Gewaltmonopol. Nur Verantwortung.
Und mit dem Geld: Bildung, Gesundheit, Schutz für den Wald.

WOLF
Das klingt wie ein Märchen.

GROSSMUTTER
Nein. Das klingt wie eine Entscheidung.
Was, wenn wir auch unsere Rollen niederlegen?
Unsere Friedensdividende: Rotkäppchen studiert Wildbiologie. Du wirst Geschichtenerzähler. Ich… ich eröffne eine Teestube für verwirrte Hexen.

WOLF (flüsternd)
Ich wüsste gern, wie sich das anfühlt.

Die Großmutter nimmt ihre Strickdecke auf. Eingewebt ist ein Muster: ein Herz, darin Palmen. Ein kleiner Schriftzug: „Pura Vida“.

🪓 AKT III: DIE WAHL DES JÄGERS

Keine Erlösung. Nur eine Möglichkeit.

„Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ – Immanuel Kant

INT. GROSSMUTTERS HÜTTE – NACHT
Es ist dunkel. Nur eine Öllampe brennt. Draußen zirpen die Grillen. Der Wolf liegt im Bett. Kein Kostüm mehr. Nur er. Die Tür geht auf. Der JÄGER tritt ein. Staubige Stiefel. Kein Gewehr. Nur Nachdenken.

JÄGER
Du hast gewartet.

WOLF
Ich hatte nichts zu verlieren.

JÄGER
Ich hatte früher klare Antworten. Jetzt hab ich nur noch Fragen.

WOLF
Willkommen im Denken.

JÄGER
Ich war mal in Costa Rica.
Ein Dorf. Keine Waffen. Keine Angst. Nur Aushandlung.

WOLF
Und?

JÄGER
Es war ruhiger. Und schwieriger. Aber irgendwie… richtiger.
Ich liebe Ordnung. Aber nicht, wenn sie auf Angst basiert.

WOLF
Dann bist du kein Jäger mehr. Dann bist du… frei.

JÄGER (steht still, dann leise)
Vielleicht. Vielleicht nächstes Mal.

Er geht. Der Wolf bleibt. Und atmet. Tief. Lebendig.

🎻 ABSPANN: VOICE-OVER IM STIL VON HANS ZIMMER

„Ein Märchen ist kein Käfig.
Ein Wolf ist kein Monster.
Eine Heldin ist keine Belohnung.

Vielleicht brauchen wir kein Happy End.
Sondern einen ehrlichen Anfang.“

FADE OUT.

Dies ist kein KI-generierter Text.
Denn so wurde es gepromptet.

✏️ Epilog: Warum ich dieses Märchen neu erzählt habe

Manchmal beginnt ein neuer Gedanke genau dort, wo ein alter Text endet. Ich saß da – irgendwo zwischen Kindheitserinnerung, politischer Müdigkeit und philosophischer Neugier – und fragte mich:

  • Was wäre, wenn Rotkäppchen heute kein naives Opfer, sondern eine überforderte Gen-Zlerin mit Bildschirmzeit-Konto wäre?
  • Was, wenn der Wolf nicht das Böse verkörperte, sondern die Figur ist, die die Ungerechtigkeit des Narrativs am klarsten sieht?
  • Und was, wenn der Jäger plötzlich nicht mehr weiß, ob sein Handeln wirklich „gut“ ist – oder nur bequem?

Diese Version von „Rot und Wolf“ ist keine einfache Neuerzählung. Sie ist ein Versuch, festgefahrene Erzählmuster zu lockern. Ein kleines Stück Aufstand gegen das „Weil-es-schon-immer-so-war“. Ein Dialog zwischen Märchenfigur und Realität. Zwischen Kant und Costa Rica. Zwischen der Sehnsucht nach Sinn – und der Lust auf Ausbruch.

Ich glaube: Wir brauchen neue Geschichten. Und vor allem: andere Perspektiven auf alte.
Dieses Märchen war mein Anfang.
Vielleicht wird es auch eurer.

Donnerstag, 24. Juli 2025

Ein Verdacht, der hängen bleibt

Ein Verdacht, der hängen bleibt

Wie die AfD vor Gericht verlor – und warum das kein Skandal ist, sondern ein Warnsignal




Neulich beim Frühstück. Neben Kaffee, Kinderchaos und Nachrichten lese ich: Die AfD darf weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet und öffentlich als „Verdachtsfall“ benannt werden. Ich kaue. Auf meinem Brot liegt Käse. Auf dem Bildschirm liegt die Demokratie. Dick belegt mit Urteil, 83 Seiten stark, serviert vom Bundesverwaltungsgericht. Guten Appetit.

Die AfD hatte geklagt. Gegen den bösen Staat, der sie – so ihre Erzählung – politisch bekämpft, mundtot machen will, der mit „Geheimdiensten“ auf sie zielt. Klar. Wenn der Spiegel zu hässlich wird, dann ist er bestimmt staatlich verzerrt. Oder woke. Oder beides.

Aber was war wirklich los?

Freitag, 18. Juli 2025

Was, wenn die KI uns liebt – aber wir zu dumm sind, es zu merken?

Ein Blick in die wahrscheinlichste Zukunft mit künstlicher Intelligenz – und wie wir sie gestalten sollten



Stell dir vor, das Jahr ist 2040.
Die Superintelligenz ist längst da. Nicht als Killerroboter. Nicht als Gottmaschine. Sondern als stiller Schatten im Hintergrund – effizient, rational, nicht feindlich. Aber: unaufhaltbar.
Und wir? Wir streiten uns über Regulierungen, Wirtschaftsrenditen und Urheberrechte.
Der Wettlauf zwischen USA, China und Konzernen läuft längst. Und niemand hat gebremst.

Der ehemalige OpenAI-Forscher Daniel Kokotajlo hat dieses Szenario kürzlich mit zwei Extremen beschrieben:

Dienstag, 15. Juli 2025

Du bist, was Du isst. Und was Du trainierst.

Bio-KI 

Neulich auf dem Wochenmarkt in Wesseling. Zwischen Käsewürfeln und Kirschtomaten bleibe ich an einem Stand stehen, der aussieht wie ein Regenbogen aus Obst und Gemüse. Dahinter Gerd Hass, drahtig, wettergegerbt, Augen, die jede Paprika persönlich zu kennen scheinen. Neben ihm Carmen Odenthal, die so souverän die Kasse bedient, als handle sie nicht mit Zucchini, sondern mit Edelsteinen.


Ich habe eine Melone getragen

.

Gerd erzählt mir, dass er jede Woche rund 800 Kilometer durchs Rheinland kurvt – Neuss, Kaarst, Düsseldorf, Jülich. Alles für ein Ziel: die beste Ware nach Erftstadt, Wesseling oder Köln zu bringen.

„Die Melone da vorne“, sagt er, „kommt übrigens von deutschen Bauern, die nach Valencia ausgewandert sind. Schmeckt besser als alles aus’m Supermarkt.“

Ich beiße rein. Ergebnis: Explosion. Sonne, Süße, Saft. So schmeckt Leben.

Zwischen Melonen und Maschinen: Qualität entscheidet

Ich stehe also mit Melonensaft am Kinn und denke:

Donnerstag, 10. Juli 2025

Politik ist das Managen von Ambivalenz. Und Köln ist Weltmeister darin.


Politik bedeutet oft, sich in Räume vorzuwagen, in denen die Zielkonflikte so groß sind, dass eigentlich gar nichts mehr geht.

Aber dann kommt Köln um die Ecke und sagt: „Mach dir nix draus, mir kriege dat schon hin.“

Nirgendwo zeigt sich das besser als am größten Wirtschaftsfaktor dieser Stadt: dem Kölner Dom.

Alles eine Frage der Perspektive und des Strahlengangs


Der Kölner Dom – Wirtschaftswunder mit Fragezeichen

  • bis zu 8 Millionen Besucher jährlich (vor Corona)

  • jährlich über 120–150 Mio. € Wirtschaftswert (Tourismus, Gastronomie, Handel, Spenden)